Mittwoch, 13. Februar 2008

Das Christival und die Grünen

Liebe Leute,

manche von Euch wissen es: Benni versucht grün zu werden. Jetzt haben die Parteifreunde eine Kleine Anfrage im Bundestag eingebracht, die mit falschen Behauptungen und polemisch gegen das Christival auftritt. Dazu musste ich mich äußern und habe das auch an gegebener Stelle getan.
Na und damit Ihr auch etwas davon habt, packe ich es Euch einfach in den Bolg.

Da ich über die Veranstaltung „Christival 08“. informiert bin und auch über die Presse die Kommentare kenne, die diesem Antrag zu Grunde liegen, halte ich es für angebracht, die aktuellen Fakten darzustellen.

- Christival ist ein Festival für Christen, das seit 1976 in unregelmäßigen Abständen und an unterschiedlichen Orten durchgeführt wird.
- Neben Gottesdiensten, Diskussionen, Konzerten usw. werden Workshops durchgeführt (vergleichbar dem Kirchentag)
- Das Christival 08 bietet ca. 250 Workshops an, (vom „Kochen für Freizeiten“ über „leidenschaftlich predigen“ oder „Warum heiraten, wenn leasen so einfach ist“ bis zu „Christen in China“ und „Zivilcourage“
- Ein geplanter Workshop mit angeblich „antihomosexuellem“ Inhalt findet nicht statt. Der als solcher empfunde wurde nach Protesten entsprechender Gruppen ersatzlos gestrichen, da die Veranstalter (auch die dieses geplanten Einzelworkshops) weder provozieren noch verletzen wollen.
- Das zitierte Zitat eines Gedichtes stellt wohl eher den Gemütszustand eines Menschen dar, der mit seinen homoerotischen Neigungen Probleme hat. Jedenfalls ist es nicht, wie in dem Schreiben quasi unterstellt, ein „Therapie“Konzept.
Das Schreiben wendet sich also gegen einen Workshop, der gar nicht stattfindet.

Wogegen wendet sich also der Protest?
- Allein gegen den Umstand, dass solch ein Workshop geplant war? Das kann doch nicht im Sinne von Meinungsfreiheit sein.
- Gegen die Auffassung, dass eine sexuelle Umorientierung möglich sein könnte? Das wendet sich meines Erachtens genau gegen die sexuelle Selbstbestimmung, für die gerade die Schwulen- und Lesbenbewegung eintritt. Sexualität ist Privatsache. Das bedeutet, dass Präferenzen keine Diskriminierung zur Folge haben dürfen. Allerdings bedeutet das auch, dass jeder für sich die Entscheidungsfreiheit haben muss, homosexuell oder heterosexuell oder sogar zölibatär zu leben. Dass jede dieser Lebensweisen Vor- und Nachteile, aber auch Probleme mit der Gesellschaft oder mit sich selbst zur Folge haben kann, ist ein Allgemeinplatz. Der umstrittene Workshop wandte sich an Menschen, die sich ihrer homosexuellen Neigung bewusst sind, die aber, aus was für persönlichen Gründen auch immer, diese Neigung nicht ausleben wollen. Was ist daran verwerflich?
- Gegen die Thematisierung der Homosexualität in kritischer Weise? Eine differenzierte Diskussion halte ich im Sinne der Meinungsfreiheit für dringend erforderlich. Gerade auch der Umgang mit islamisch geprägten Mitbürgern kann diesem Thema auf Dauer noch brennende Aktualität verleihen, da die Ablehnung von homosexuellen Praktiken auch im Koran eindeutig ist (in der Auslegung meines Wissens erheblich unumstrittener als in christlicher Theologie).

Die Kampagne gegen „Christival“, wie sie gerade geführt wird, liegt für mich unter „Koch-Niveau“. Ich erlebe sie als populistische Aktion auf Kosten einer Minderheit.
Was den Anspruch einer „Wissenschaftlichkeit“ angeht, gibt es und gab es immer schon verschiedene Ansätze. Gerade das bringt ja den Fortschritt, sonst wären wir alle schon von der Scheibe heruntergefallen. Selbst Irrwege bringen weiter. Was noch zu keiner Zeit weiter gebracht hat, ist die quasi inquisitorische Ablehnung abweichender Meinungen. (nicht nur im Bereich der Sexualethik, erwähnt sei die Frage nach der friedlichen Nutzung der Kernkraft)

Was den Begriff „fundamentalistisch“ angeht, der ja in unserem Sprachgebrauch inzwischen ausschließlich militant verstanden wird, ist dieser für die Veranstaltung „Christival“ unangemessen. Sollte er möglicherweise aus mangelndem Sprachgefühl „neutral“ gemeint sein, stellt sich mir die Frage, ob es in diesem Sinne eigentlich schon die Umschreibung „fundamentalistische Homosexuelle“ gibt.

Ich protestiere gegen dieses Schreiben und diese Kampagne, weil ich für Meinungsfreiheit und sexuelle Selbstbestimmung bin. Bisher hatte ich den Eindruck, diese demokratischen Grundwerte seien gerade in der Partei der Grünen Konsens.